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Am Mittwoch, den 12. Juli 2023 kam für die gesamte Jahrgangsstufe I das THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe zu Besuch ans HCG, um den Schüler*innen ihre Interpretation des Dramenfragments „Woyzeck“ von Georg Büchner darzubieten. Das Theater hat sich auf Schulklassen spezialisiert. Die Schauspieler reisen mitsamt Bühnenbild in einem Auto an und treten in einem Klassenzimmer auf. Diese intime Spielsituation schafft eine besondere Atmosphäre und sei, so die Theatermacher, bestens geeignet, um einen ge- und bewohnten funktionalen Alltagsraum mit neuen Blickwinkeln auf die Welt aufzuladen.[1]

Im Stück geht es um den verarmten Soldaten Franz Woyzeck, der trotz mehrerer Nebentätigkeiten, kaum den Unterhalt für sich und seine Freundin Marie sowie den gemeinsamen Sohn aufbringen kann. Er ist nicht nur Soldat, sondern rasiert gegen ein kleines Entgelt noch seinen Vorgesetzen, den Hauptmann, und nimmt an Ernährungsexperimenten des Doktors teil. Die Erbsendiät, die er hierfür einhalten muss und die ständigen Aufgaben lassen Woyzeck psychisch erkranken. Er bekommt Halluzinationen und leidet unter Wahnvorstellungen. Von den ihm höhergestellten Personen wird er zudem psychisch unterdrückt. Als ihn auch noch seine Freundin Marie mit dem Tambourmajor betrügt, verliert Woyzeck vollkommen Verstand und Halt. Von Wahnvorstellungen getrieben begeht er einen Femizid.

Äußerst eindrucksvoll schlüpft Schauspieler Julian König nicht nur in die Rolle des getriebenen Woyzeck, sondern spielt auch alle weiteren Personen, die mithilfe von Puppen verkörpert werden, was die Wirkung des Stücks nicht beeinträchtigt. Auch eine Stimme aus dem Off kommentiert hin und wieder das Geschehen auf der Bühne. Gebannt schaut das Publikum der Darbietung zu. Trotz warmer Temperaturen zeigt der Schauspieler bei insgesamt zwei Aufführungen, die jeweils 60 Minuten dauern, mit beeindruckender Mimik, Gestik und vor allem auch seiner Stimme, was Woyzeck, einem armen Menschen, der der untersten Schicht angehört, in seinem Alltag widerfährt. So wie Julian König zwischen seinen verschiedenen Rollen hin und her springen muss, so muss auch Woyzeck von Tätigkeit zu Tätigkeit hetzen und findet nirgendwo Halt oder Verständnis. Nicht nur Woyzecks Charakter, sondern auch Büchners Sozialkritik werden durch die Umsetzung des Stücks unterstrichen.

Beim abschließenden Gespräch mit dem Schauspieler fragen die Schüler*innen nicht nur nach der ausgefeilten Bühnentechnik, sondern auch nach der dramaturgischen Umsetzung. Julian König erklärt, warum Woyzecks Freund Andres nicht vorkommt und dass die Entscheidung, das Stück mit nur einem Schauspieler aufzuführen, bewusst getroffen worden sei, weil man vor allem aus der Sicht Woyzecks erzählen wolle und zeigen wolle, wie er die Welt wahrnehme. Büchner gebe mit seinem, 1836 verfasst, jemandem eine Stimme, der eigentlich keine Stimme habe. Der Ausgangspunkt der Inszenierung sei die Vorstellung, dass Woyzeck nach dem Mord an Marie im Gefängnis sitze und in seinem Wahn das Geschehen rückblickend verarbeite, weswegen er die Personen um sich herum auch als Fratzen bzw. Albtraumgestalten wahrnehme, was man an der Gestaltung der Puppen sehr gut erkennen konnte.

Die Schüler*innen und ihre Lehrkräfte waren sowohl von der schauspielerischen Leistung Königs als auch der Inszenierung des Stücks beeindruckt und im Hinblick auf das Abitur hat die Aufführung sicherlich einen bleibenden und nachhaltigen Eindruck hinterlassen, der hilft, die Aufgabenstellungen des Abiturs zu bewältigen. Das Stück ist Schwerpunktthema sowohl der Leistungs- als auch der Basisfächer.

Autorin: Christina Reimold

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[1] THEATERmobileSPIELE - Das Theater (buehnenspiele.de) (zuletzt aufgerufen am: 15.07.23)